VERANSTALTUNGEN

Gemeinsames und Unterschiedliches in der Vielfalt therapeutischer Methoden

Das Rhein-Eifel Institut hebt in seiner Philosophie hervor, dass es bei Psychotherapie um ein lebenslanges Lernen über die unendliche Vielfalt des menschlichen Lebens geht. Diese Vielfalt findet sich nun selbstverständlich nicht nur bei Patienten sondern auch bei Therapeuten: Auch letztere vollstrecken keine wie immer gearteten Lehrbücher an anderen menschlichen Wesen, sondern entwickeln sich je individuell in einer komplexen Passung ihrer Anlagen, frühkindlichen und späteren biographischen Gegebenheiten und den Möglichkeiten ihrer Umwelt. Dabei werden auch unterschiedliche Fähigkeiten, Vorlieben, Interessen, Wertvorstellungen, Weltbilder, Ausrichtungen etc. konstelliert. Dabei bewegen sie sich immer auf der Grundlage empirisch überprüfter psychotherapeutischer Interventionsformen.

Gleichwohl hat es auch Sinn, diese Vielfalt durch klassifizierende Ordnungen zu reduzieren und so für manche Fragen überschaubarer zu machen. Auf Seite der Vielfalt von Patienten stellen die diversen Diagnostischen Systeme (ICD, DSM) solche klassifizierenden Ordnungen dar. Auch auf Seiten angehender und fertiger Therapeuten hat es schon immer seit Beginn professioneller Psychotherapie Ordnungsbildungen in Form von „Schulen“ und „Richtungen“ gegeben. Hierbei kommen nicht nur die für all diese Ordnungssysteme typischen biographischen und kulturellen Einflüsse zum Tragen – etwa des Wissenschaftssystems -, mit unterschiedlichen Disziplinen und Orientierungen, oder subkulturell-familiäre Einflüsse auf bevorzugte Wertesysteme und Welt- bzw. Menschenbilder. Sondern es geht bei der Strukturierung professionellen Handelns auch um die Einflüsse aus jeweils vorgegebenen Institutionellen Ordnungen der Gesellschaft – besonders des Rechts- und des Gesundheitssystems. Überdies erleichtern klassifizierende Ordnungen schulenübergreifend die Kommunikation zwischen den Therapeuten. Sie machen es auch psychotherapeutischen Laien leichter, die diagnostische Urteilsbildung nachzuvollziehen.

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Dieses sieht bekanntlich gegenwärtig eine Struktur in „Richtlinienverfahren“ vor, welche die psychodynamische Psychotherapie (PA und TP) und die Verhaltenstherapie als sozialrechtlich und im GKV-System abrechenbare Verfahren umfasst. Ebenfalls abrechenbar ist die Methode der Neuropsychologische Therapie, während sich die Systemische Therapie derzeit zwar noch im sehr langwierigen sozialrechtlichen Anerkennungsverfahren befindet, aufgrund bereits erfolgter wissenschaftlichen Anerkennung ihrer Wirksamkeit aber bereits mit dem Weiterbildungszertifikat mehrere Kammern versehen werden kann.

In seinen Aus- und Weiterbildungsangeboten trägt das Rhein-Eifel-Institut auch diesen formellen Strukturen des Gesundheitssystems Rechnung. Wichtiger ist aber die Erkenntnis, dass bei aller Berechtigung der Unterschiede zwischen Verfahren, Schulen oder Ansätzen diese auch etwas Gemeinsames verbindet: Denn auch wenn Therapeuten ja nach eigener Ausrichtung nicht ständig alle Zusammenhänge im Kopf haben können, so ist doch klar, dass psychotherapeutisches Geschehen stets nur vor dem Zusammenwirken von Prozessen auf unterschiedlichen Ebenen begriffen werden kann, welche körperliche, psychische, interpersonelle und kulturelle Aspekte umfassen. Bezogen auf die drei, am Rhein-Eifel-Institut angebotenen therapeutischen Aus-, Weiter- und Fortbildungen – in psychodynamischer, systemischer und verhaltenstherapeutischer Orientierung – kann man nämlich in Bezug auf jeden Patienten sagen, dass eine erfolgreiche Therapie theoretisch z.B. in folgenden Aspekten Fortschritte zu verzeichnet hat.

Der Patient sollte

Bei diesen Aspekten ist bedeutsam, dass es nicht etwa um unterschiedliche Prozesse geht, sondern es geht um unterschiedliche Perspektiven auf die erfolgreiche Veränderung eines bestimmten Patienten in einem einzigen Prozess, nämlich dem Therapieprozess. Doch obwohl stets alle Perspektiven theoretisch relevant sind, kann kein Therapeut kann alle diese Aspekte handlungsrelevant im Kopf haben – obwohl hier nur einige Aspekte der Kernkonzepte exemplarisch zur Sprache kamen (so fehlen z.B. spezifischere Konzepte wie „Individuation“, „Lebenspläne“, „falsches Reasoning“, „Kontaktzyklus“ , „Problemsysteme“ usw.). Und sogar selbst dann, wenn ein Therapeut alle diese thematisierten Aspekte im Auge haben könnte, müsste er sich letztlich in einer konkreten Situation und im Hinblick auf die Beschwerden des Patienten entscheiden, ob er z.B. eher (psychodynamisch) regressive Prozesse und Übertragungsdynamiken fördern, (verhaltenstherapeutisch) einen sokratischen Dialog oder eine systematische Desensibilisierung beginnen, oder (systemisch) über zirkuläres Fragen, paradoxe Intervention oder lösungsorientiertes Interview bestimmte narrativ-interaktive Muster verändern will (um wieder nur wenige Aspekte zu nennen).

Gleichwohl gibt es einen gemeinsamen zentralen Bezugspunkt in all diesen Konzepten und Vorgehensweisen, der als Kern von Psychotherapie gelten kann: Es geht um Verstehens- und Sinnprozesse – und zwar in komplexer Weise sowohl bei Therapeuten als auch bei Patienten, die letztlich durch die Therapie zu einer sinnhaften Um-Orientierung ihrer Lebenswelt gelangen müssen. Das bedeutet, es geht darum, ein neues Verständnis ihres Daseins in der Welt, der Beziehung zu dieser, zu anderen und zu sich selbst, und der für relevant erachteten Wirk- und Handlungsprinzipien zu entwickeln. Dies ist auch für eine rein am Verhalten orientierte Therapie essentiell ist. Denn gerade für die Psychotherapie ist unbestritten, was vor über zweitausend Jahren der Stoiker Epiktet formulierte (und auch ein Leitsatz z.B. der rational-emotiven Therapie RET ist): Nicht die Dinge selbst, sondern unsere Meinungen von den Dingen beunruhigen und bewegen den Menschen.

Dabei kommt einem solchen, auf Integration bei gleichzeitiger Würdigung der Unterschiede ausgelegten Therapiekonzept zugute, dass es auch in der Verhaltenstherapie seit langem eine sog. „kontextuelle“ Strömung gibt, die in Europa heute vor allem unter der Bezeichnung „3. Welle“ der Verhaltenstherapie bekannt geworden ist und in den letzten Jahren viel Einfluss genommen hat. Neben der therapeutischen Beziehung wird hier Konzepten wie Achtsamkeit oder Akzeptanz in der kognitiven Verhaltenstherapie ein starker Stellenwert eingeräumt.

Für Patienten mit organisch bedingten psychischen Störungen (z.B. nach Läsionen) hat inzwischen die Neuropsychologische Therapie als Methode sozialrechtliche Anerkennung gefunden. Die neuropsychologische Diagnostik und Therapie dient der Feststellung und Behandlung von hirnorganisch verursachten Störungen geistiger (kognitiver) Funktionen, des emotionalen Erlebens, des Verhaltens, der Krankheitsverarbeitung sowie der damit verbundenen Störungen psychosozialer Beziehungen. Ihr Ziel ist es organische bedingte psychische Gesundheitsstörungen und die aus den Störungen folgenden psychosozialen Beeinträchtigungen und Aktivitätseinschränkungen zu erkennen und zu heilen oder zu lindern. Sie bedient sich unterschiedlicher Interventionsformen mit den Zielen neuronalen Reorganisation, Anpassung an kognitive Störungen, Erlernen von Ersatz- und Bewältigungsstrategien, Veränderung von Erwartungen und Zielen sowie der Krankheitsverarbeitung, der Anpassung und Reintegration in das soziale, schulische und berufliche Umfeld. Diese wichtige Ergänzung des psychotherapeutischen Behandlungsspektrums wird nun auch am Rhein-Eifel-Institut vermittelt.

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